Aktiv im Leben / Die Kraft der inneren Mitte
Für Qi Gong und Tai Chi gibt es keine Altersgrenze
Hannoversche Allgemeine Zeitung 29.11.2006

Wenn der Stress zu viel wird, geht Renate S. in den Wald. Dann helfen weder Spaziergang noch Dauerlauf, sondern nur noch Atmen, Bewegen und Entspannen, also Tai Chi und Qi Gong. „Wenn ich kaputt bin, mache ich eine halbe Stunde die Übungen und bin danach wie neugeboren“, erklärt Eva-Maria P. Für die fernöstlichen Techniken interessieren sich besonders Menschen über 50 und die ganz Jungen.

„Die 16-, 17-Jährigen wollen ihrem Idol Bruce Lee nacheifern. Qi Gong ist die Wurzel der fernöstlichen Kampftechniken, wie sie in Bruce-Lee-Filmen gezeigt wird“, erklärt Marietta Eichler. „Die Älteren praktizieren Tai-Chi und Qi Gong, um sich auf die innere Mitte zu konzentrieren und Kraft zu atmen“. Ein Höchstalter für Neueinsteiger gibt es beim „Schattenboxen“, wie es in chinesischen Parks betrieben wird, nicht.

Bei der Hannoveranerin, die seit 16 Jahren in Volkshochschulkursen und in ihrer Praxis unterrichtet, haben noch über 70-Jährige, Knie- und Hüftoperierte und Herzpatienten gelernt, mit ihrer Lebensenergie zu arbeiten. „Alle, die merken, dass der Lack ab ist, die Muskelfaserrisse, zerschlissenen Bänder und Sehnen, Rheuma und schwere chronische Krankheiten wie multiple Sklerose, Krebs oder Aids haben und besonders viel Energie brauchen, sollten es mit Qi Gong probieren“, versichert die 49-Järige.

Weil sie ihre Kenntnisse weitergeben will, hat sie mehrere Bücher geschrieben, mit denen sich die Übungen auch zu Hause machen lassen. „Aber da bin ich nachlässig“, gibt Anne G. zu, die seit 1990 Qi Gong einmal wöchentlich in der Gruppe praktiziert. „Wegen meiner starken Knieschmerzen habe ich damals damit angefangen, heute habe ich gar keine Beschwerden mehr“, berichtet die 72-Jährige.

Die zehn Jahre jüngere Regina W., die mit Unterbrechungen ebenso lange dabei ist, hat nach eigenen Angaben durch Qi Gong ihre innere Ruhe gefunden. „Und mein Immunsystem wird gestärkt, sodass ich viel seltener Erkältungen bekomme“, hat sie beobachtet. Irene D. hat Qi Gong gegen Schlaflosigkeit und ernsten Herzbeschwerden geholfen. Dabei hatte sie Tai-Chi auf der Expo gegen ihre Rückenschmerzen ausprobiert.

Bereits die Grundposition mit beiden Beinen fest auf der Erde stellt nach Marietta Eichlers Darstellung eine kraftvolle Erdung dar. „Manche Qi Gong Meister lasse ihre Schüler diese Position ein halbes Jahr üben“, erzählt die ausgebildete Sozialpädagogin und Heilpraktikerin und spricht dabei „Qi Gong“ wie „Qi Gung“ aus. Die Übungen, mit denen die Lebensenergie in ihre natürliche harmonische Ordnung kommt, helfen ihrer Erfahrung nach schon nach drei oder vier Kursabenden gegen Verspannungen und Kopfschmerzen durch Bildschirmarbeit.

Ruhe, Ausgeglichenheit und seelisches Wohlbefinden hat das Training der 76-Jährigen Eva-Maria D. gebracht. „Ich hatte damals einen kranken Mann zu Hause und viele Probleme, als ich zufällig bei der Praxis vorbeikam“, berichtet sie. Doch die Übungen mit poetischen Namen wie „Regenbogen“, „Wolken teilen“, „Den Mond anschauen“ und „Vom Meer zum Himmel sehen“ haben ihr geholfen, daheim übt sie mit CD und Kopfhörer.

Die Krankenkassen erkennen die Kosten für eine Therapie an, die aus einer Kombination von speziellen Bewegungen in Zeitlupe zur Stärkung von Haltung und Muskulatur; von konzentrierten Übungen im Sitzen und Liegen ähnlich dem autogenen Training und einer Reihe von Atemübungen besteht. Die 18 Bewegungen des Qi Gong, die Marietta Eichler ihre Schülerinnen- und einige Schüler zuweilen auch in der Eilenriede lehrt, und das eher tänzerische Tai Chi mit seinen 36 Bewegungen sind nicht etwa der richtige Sport für Unsportliche, wie es beim Zuschauen scheint. „Auch ehemalige Leistungssportler, die auf Schnelligkeit und Kraft trainiert haben und ihren Sport wegen einer Verletzung oder eines Unfalls nicht mehr ausüben können, ehemalige Radrennfahrer, Marathonläufer, Tänzer und Musiker profitieren davon“, sagt die Lehrerin.

Sie selbst kam durch eigene Erfahrung nach einem Fahrradsturz und mehreren kleinen Brüchen im Wirbelsäulenbereich sowie einer Kinderlähmung im Kindesalter als junge Frau zum Qi Gong. „Ohne die täglichen Übungen wäre ich meine Rückenschmerzen wohl nie losgeworden.“

Sabine Szameitat

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